Zirkus & Zoo

Egal, ob im Zoo, im Zirkus, im Freizeitpark oder auf Volksfesten – Tiere sind leider bislang ein fester Bestandteil unserer heutigen Unterhaltungsbranche. Viele Menschen hinterfragen dies nicht. Andere sind der Überzeugung, dass man nur auf diese Weise die Chance habe, wilde Tiere hautnah zu erleben. Außerdem rühmt sich die Zoobranche gerne als Verfechter des Artenschutzes. Immerhin gebe sie, laut eigener Aussage, bedrohten Tierarten ein Zuhause und bewahre diese damit vor dem Aussterben.

Verhaltensstörungen sind die Regel

Fakt ist jedoch, dass die Tiere in der Unterhaltungsbranche nicht ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben können. Sie leben häufig in deutlich kleineren Gruppen als in der freien Wildbahn auf einem Bruchteil der Fläche, die sie in Freiheit nutzen würden. Viele sind durch das Eingesperrtsein und die damit verbundene Langweile sowie durch die Unterdrückung ihrer natürlichen Verhaltensweisen psychisch gestört und weisen deutliche Verhaltensstörungen auf, wie z. B. das Hin- und Herlaufen, das man bei Tieren hinter Gittern häufig beobachten kann. Der regelmäßige Transport der Tiere in engen, dunklen Käfigen führt ebenfalls zu solchen Verhaltensstörungen. Hinzu kommt, dass in Zoos und Zirkussen für die Tiere keine artgemäßen Tagesabläufe bestehen. Diese werden von den Tierpfleger_innen bzw. von den Besuchs- oder Vorstellungszeiten bestimmt, was für die Tiere eine große Belastung bedeutet. Ebenfalls problematisch ist die Tatsache, dass viele Tiere in Zoos und Zirkussen in viel zu kleinen Gehegen leben müssen, in denen sie wenige oder keine Rückzugsmöglichkeiten sowie wenig oder kein Spiel- oder Beschäftigungsmaterial haben. Häufig werden Tiere in Zoos sogar in Isolationshaltung in vollverfliesten Betonbunkern „hinter den Kulissen“ gehalten. All dies begünstigt Verhaltensstörungen. Um diese jedoch zu kaschieren, werden „Zootiere“ oft mit sedierenden Psychopharmaka wie Diazepam, Haloperidol oder anderen behandelt. Durch die Medikamente, welche häufig ohne tierärztliche Verordnung durch die Pfleger_innen verabreicht werden, werden die Spannungszustände, welche bei den Tieren durch die beengte Haltung ausgelöst werden, gewissermaßen „ausgeschaltet“.

Herkunft der Tiere

Nicht selten werden Tiere für die Unterhaltungsbranche in der freien Wildbahn gefangen und somit brutal aus ihren natürlichen Lebensräumen gerissen. Von Artenschutz kann dabei nicht die Rede sein. Bei der Gefangennahme und dem Transport wildlebender Tiere besteht in der Regel das Problem, dass auf jedes Tier, welches ausgestellt wird, zahlreiche Tiere der gleichen Art kommen, welche beim Fang oder während des Transports gestorben sind. Eingesperrte Tiere können zudem durch ihre massiven Verhaltensstörungen nicht ausgewildert werden. Bedacht werden muss ferner, dass das Artenschutzargument auch deshalb falsch ist, da Zoos in der großen Mehrzahl der Fälle den „Arterhalt“ nur bei publikumswirksamen Arten betreiben, wobei weniger publikumswirksame Arten nicht nachgezüchtet werden. In der Regel betreffen die Nachzuchtprogramme zudem gar keine vom Aussterben bedrohten Tierarten. Daneben ergibt die Bewahrung von Tierarten unter dem Vorwand des Artenschutzes häufig auch deshalb keinen Sinn, weil die natürlichen Lebensräume der Tiere parallel unwiederbringlich zerstört werden. Als weiterer Punkt muss kritisch angeführt werden, dass in Zoos immer wieder überzählige oder „unbrauchbare“ Tiere getötet oder an fragwürdige Tierhändler, Zirkusse, Jagtfarmen oder Versuchslabore weiterverkauft werden. Mitunter geben Zoos an, selbst wissenschaftliche Untersuchungen zu machen, wobei jedoch die verhaltensbiologische Forschung mit „zoogestörten“ Tieren kaum von wissenschaftlichem Wert sein kann. Auffällig ist ferner, dass Zoos die Geburt von Jungtieren häufig medial vermelden, umgekehrt jedoch Krankheits- oder Todesfälle verschwiegen werden.

Gewalt ist an der Tagesordnung

Die Dressur – insbesondere im Zirkus – bedeutet für die Tiere in der Regel großes Leid. Da die Tiere die unnatürlichen Kunststücke, welche sie aufführen müssen, natürlich nicht freiwillig einstudieren, werden sie während des „Trainings“ durch Strafen dazu gezwungen. Dompteure und Dompteusen auf der ganzen Welt arbeiten mit Werkzeugen wie Peitschen, sogenannten „Elefantenhaken“ (eiserne Stäbe mit zwei Spitzen am oberen Ende), Elektroschocks und psychischer Folter (beispielsweise Futterentzug). Auch in Zoos lässt sich beobachten, dass Tierpfleger_innen teils desensibilisiert sind und Tiere brutal behandeln. Pro Tier besteht in den großen Zoos nur eine minimale Pflegezeit, wobei keine zeitintensive Beobachtung der Tiere möglich ist, sodass mitunter Krankheiten oder Verhaltensstörungen gar nicht erst erkannt werden und die Tiere folglich unzureichend versorgt werden.

Gefahr für Mensch und Tier

Aber nicht nur für die Tiere bedeutet ein Leben in der Unterhaltungsbranche Leid und Gefahr. Da Wildtiere trotz Dressur, Medikamenten und Strafen immer noch Wildtiere bleiben, sehnen sie sich nach der Freiheit und einem zwanglosen, natürlichen Leben. Nicht selten kommt es daher zu Unfällen und Ausbrüchen, bei denen meist auch Menschen in große Gefahr geraten. In vielen Tierhäusern liegen für solche Fälle großkalibrige Gewehre oder Faustfeuerwaffen, um Tiere erschießen zu können. Umgekehrt bringen gerade in Zoos viele Besucher_innen die Tiere in Gefahr oder verursachen Leiden, indem sie mit Gegenständen beworfen, provoziert oder etwa mit Blitzlicht fotografiert werden. Immer wieder sterben Tiere durch von Besucher_innen eingebrachte, verschluckte Fremdkörper.

Alternativen

Zu all dem gibt es auch Alternativen. So feiert etwa der preisgekrönte „Cirque du Soleil“ ganz ohne Tiere große Erfolge. Zudem gibt es unterstützenswerte Projekte, die bedrohten Tierarten ihre natürlichen Lebensräume erhalten und erweitern möchten. Um Kindern das natürliche Verhalten von Wildtieren zu zeigen, muss man keine Zoos besuchen. Sogenannte „Zoopädagogik“ konditioniert Kinder auf eine Normalität, in welcher Tiere als Gefangene gehalten werden und lediglich zum Zweck der Unterhaltung des Menschen bestehen. Zoopädagogik fördert weder wertvolles Wissen über die Tiere – Informationstafeln werden so gut wie nie gelesen –, noch vermittelt sie Empathie mit den Tieren – die durchschnittliche Verweildauer an Gehegen liegt unter einer Minute. Dagegen können Bücher und Videodokumentationen Kindern einen pädagogisch wertvollen Einblick in das natürliche und artgerechte Verhalten der Tiere liefern – und das ganze ohne Leid für die Tiere.

Quellenangaben:

Goldner, Colin (2014): Lebenslänglich hinter Gittern. Die Wahrheit über Gorilla, Orang Utan & Co in deutschen Zoos. Aschaffenburg: Alibri Verlag.

Wild, Markus (2014): Zoos. Besuchen oder nicht besuchen? In: TIERethik 2, S. 1–17.

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