Zu den Hintergründen: Schon lange ist bekannt, dass es gravierende Missstände insbesondere in der konventionellen Putenmast gibt. Studien belegen, dass in Putenmastbetrieben aufgrund der miserablen Haltungsbedingungen durchgängig Probleme bei der Tiergesundheit auftreten und rund 90 % der Tiere Schäden an den Füßen aufweisen. Durch Selektion hat man Tiere heran gezüchtet, die bis zu 30 % mehr Masse, insbesondere am Brustmuskel, haben als noch vor 20 Jahren. Dies führt dazu, dass moderne Puten kaum mehr stehen können, da ihre Beine das Gewicht nur noch mühsam tragen können. Neben den tierschutzwidrigen Aspekten ist auch der übermäßige und für den Menschen gesundheitsschädliche Gebrauch von Antibiotika in der Mast problematisch. Um die Öffentlichkeit für diese Missstände zu sensibilisieren, planten drei Aktivist_innen, die Verstöße in der Putenmasthaltung zu dokumentieren, um den Tieren zu helfen und eine kritische Berichterstattung dazu anzustoßen.
Schnell geriet die Putenmästerei des Landwirts G. in Ilshofen im Kreis Schwäbisch Hall ins Visier. Zahlreiche Tonnen zur Aufbewahrung von toten Tieren vor den Ställen ließen die Tierschützer_innen vermuten, dass es in diesem Betrieb eine hohe Sterbequote von Puten gibt. Nach eigenen Angaben betraten daher in der Nacht des 11. Mai 2015 die beiden männlichen Aktivisten durch eine unverschlossene Tür den Maststall, während die dritte Aktivistin draußen wartete. Erwartungsgemäß bot sich den Männern ein Bild des Grauens. Abgeschottet von jeglichem Tageslicht vegetierten mehrere tausend Tiere auf engstem Raum in einer Halle. Im Stall fand sich kaum Einstreu; die Tiere mussten auf einem harten und feuchten Boden in ihren eigenen Exkrementen stehen. Die Männer dokumentierten kranke, verletzte, im Sterben liegende und bereits tote Tiere. Der gesamte Bestand war verdreckt und hatte Schäden am Gefieder. Mehrere Tiere wiesen deutliche Wunden auf, viele zeigten zudem Fehlstellungen an den Beinen und Druckgeschwüre an der Brust - ein eindeutiges Indiz für mangelhafte Haltung. Die Videoaufnahmen konnten ein Tier mit einem alten, unversorgten offenen Bruch dokumentieren sowie ein weiteres Tier, dessen Hals verrenkt war und nicht mehr gerade gerichtet werden konnte. Es sind Bilder, die für die meisten Menschen kaum zu ertragen sind. Doch umso wichtiger ist es, dass es Menschen gibt, die diese Missstände der Öffentlichkeit vor Augen halten. Nur so kann sich etwas für diese aufs Schlimmste gequälten Tiere ändern.
Die Landwirte hingegen sehen ihren Ruf gefährdet, wenn derartige Aufnahmen an die Öffentlichkeit geraten. Daher rüsten immer mehr auf und installieren Alarmanlagen, die sie warnen, wenn jemand den Stall betritt. So war es auch in der Nacht des 11. Mai 2015. Gewarnt durch einen stillen Alarm bewaffnete sich Putenmäster G. nach Angaben der Aktivist_innen mit einem Holzknüppel und lief zu seinen Stallungen. Die vor dem Stall wartende Tierschützerin erkannte den nahenden Landwirt mittels einer Wärmebildkamera und warnte ihre Mitstreiter. Doch da war es schon zu spät. Als die beiden Männer durch die Tür raus aus dem Stall wollten, stand der Putenmäster bereits vor ihnen und begann den Älteren der beiden Aktivisten mit dem Holzknüppel zu Boden zu schlagen. Auch seine heran eilende Mitstreiterin wurde attackiert und u. a. in den Schwitzkasten genommen, während der Landwirt mit der anderen Hand versuchte, weiter auf den verletzten Aktivisten einzuschlagen. Aus Sorge, dass der Landwirt die nun wehrlose Frau mit dem Holzknüppel ins Gesicht schlagen und sie schwer verletzen würde, griff der Tierschützer zu einem Abwehrspray, welches er für Notfälle bei sich trug. Doch dann ließ der Putenmäster die Frau plötzlich los und entriss dem anderen Tierschützer die Wärmebildkamera, welche er zuvor von der Aktivistin übernommen hatte, und lief damit zu seiner Wohnung. Um seine teure Kamera wiederzuerlangen, lief der verletzte Aktivist dem Putenmäster hinterher. An der Garagentür kam es zur erneuten Auseinandersetzung, im Verlaufe derer der Tierschützer versuchte, sich gegen den mit dem Holzknüppel immer noch zuschlagenden Landwirt mit dem Spray zu schützen, ihn damit aber verfehlte. Wenig später traf dann die herbeigerufene Polizei ein, welche die drei Aktivist_innen festnahmen. In der Folge dieser Geschehnisse wurde ein Verfahren gegen die drei Aktivist_innen eingeleitet. Dieses wird nun an den oben genannten Terminen fortgesetzt.